Unerhört – der Podcast

Wer sind die Menschen, die München zu einer weltweiten Kulturstadt machen? Welche musikalischen Geheimtipps verstecken sich in dieser Stadt? Und welche Hotspots machen den Besuch in München einmalig für jeden Musikfan? Joanna vom „Munich – City Of Music“-Team stellt euch bei „Unerhört“ regelmäßig die Menschen und Locations in München vor, von denen jeder Musikfan auf jeden Fall gehört haben sollte!

Chris Aron, Musiker und Organisator der „Elvis Presley Tribute Show“

He ain’t nothing but a hound dog: Spätestens seit diesem Sommer ist der King of Rock’n’Roll wieder da – zumindest auf der großen Leinwand. Regisseur Baz Luhrmann hat mit seinem Spielfilm “Elvis” über das turbulente Leben des Elvis Presley viele Menschen wieder in den Bann eines Mannes gezogen, der auch lange nach seinem Tod als Musiklegende polarisiert. Aber was macht Elvis Presley bis heute so einzigartig? In seiner Musik und in seiner Person? Chris Aron beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Presleys Leben und organisiert als Musiker und Veranstalter regelmäßig seine eigene “Elvis Presley Tribute Show”.

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Lieber Chris, du bist ein sehr großer Elvis-Fan. Wann hast du denn zum ersten Mal gemerkt: Von Elvis kriege ich nicht genug, der ist etwas ganz Besonderes …

Chris: Ich denke, ich war so acht Jahre alt und habe von meinem Stiefvater Schallplatten gefunden, die ich aufgelegt habe. Da war “Elvis’ Golden Records” dabei und “Hound Dog” hat mich einfach weggehauen. Ich habe keine Ahnung gehabt, wer das ist, aber so zu der Zeit hat es angefangen.

Du bist Teil einer Elvis-Tribute-Band. Seit wann machst du das?

Chris: Angefangen haben wir im August 2004. Das war auch zu einem Elvis-Special. Da war auch Jacky Cleever damals dabei, der jetzt auch in unserer Show ist, als Showmaster und Musiker. Und damals war es schon so, dass ich die meisten Elvis-Imitatoren nicht so prickelnd fand. Meistens sind sie nur in diesem weißen Jumpsuit aufgetreten. Eine junge Elvis-Band, die diese 50er-Jahre und diesen jungen Elvis widerspiegelt, die gab es nicht. Und das war dann schon die Grundidee meiner Band. 

Elvis hat wahnsinnig viele Facetten gehabt, eine sehr vielschichtige Persönlichkeit sowohl auf der Bühne als auch hinter den Kulissen. Was fasziniert dich denn heute im Erwachsenenalter und nach vielen Jahren des Tribute-Leistens an Elvis?

Chris: Er war für mich immer ein Vorbild in seiner Höflichkeit und in seinem Benehmen. Natürlich hat jeder Mensch so seine Schwächen. Aber warum sollte man bei einem Künstler ständig überlegen: Was hat der alles falsch gemacht? Das finde ich müßig. Er war immer ein sehr höflicher Mensch und ein sehr hilfsbereiter Mensch, hat viel gespendet in seinem Leben. Und es war bei ihm wirklich so, dass die Fans im Vordergrund standen. Eigentlich war es er als Mensch, der mich am meisten bewegt hat.

The Elvis Presley Show PlakatAm 29. September findet im Deutschen Theater eure Elvis-Tribute-Show statt. Gibt es einen Elvis-Song, den du besonders gerne performst? 

Chris: Ja, durchaus. Es ist zwar kein originaler Elvis-Song – aber ein Song, der mir immer bleibt, ist “I Got A Woman”. Das Original ist von Ray Charles, aber ich finde die Elvis-Version wirklich Wahnsinn. In diesem Song ist alles drin, was den Rock’n’Roll ausmacht: Er ist schwarz, er ist weiß, es ist Country, im Original war es ja mal eine Gospelnummer mit einem anderen Text. Das ist so eine Nummer, die mir immer Spaß macht.

Stichwort Fan-Dasein: Ich glaube, dass Elvis mit zu einem der recht wenigen Künstler gehört, die wirklich extreme Fans hatten. Mit dieser Verherrlichung, fast schon ein Vergöttern. Woran liegt es, dass es ausgerechnet auch bei Elvis so war?

Chris: Ich denke, es liegt wirklich daran, dass man alles in ihn hineininterpretieren konnte. Er hat eine männliche Seite gehabt, er war auch irgendwie ein bisschen weiblich. Er war eigentlich der perfekte Künstler. Das war auch das, was ihn damals ausgemacht hat. Er war wirklich der Typ, der zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Man konnte alles aus ihm machen. Und er konnte auch alles singen, man hat ihm alles geglaubt. Man hat ihm Country geglaubt, man hat ihm Rock’n’Roll geglaubt und Gospel. Egal, was er gesungen hat, egal, was er angezogen hat, es hat ihm alles gestanden. Er war irgendwie die perfekte Person. Und das hat, glaube ich, auch zu dieser Verherrlichung geführt.

Was würdest du den Leuten empfehlen, die vielleicht nicht so viel über Elvis wissen? Warum lohnt es sich, zu dem Konzert zu kommen? 

Chris: Zu dieser Show sollte man kommen, weil sie einfach gut ist (lacht). Wir gehen ins Ende der 50er-Jahre zurück, als Elvis auf Tour war, mit anderen Künstlern zusammen. Die Idee hinter dieser Show war, den Leuten ein Konzert zu bieten, wie es damals auf der Amerika-Tour war. Also mit dem Vorprogramm, mit allem Drum und Dran. Eben nicht nur Elvis, weil Elvis war damals auch ein Teil von der Zeit und der Musik. Wir wollten eine komplette Show haben, die so einen Abend von damals widerspiegelt.

Ihr habt bei dieser Show auch einen Special Guest eingeladen. Erzähl mal, wer das ist und wie es dazu kam …

Chris: Der Special Guest ist kein Geringerer als Peter Kraus, der ja natürlich auch genauso zu den 50er-Jahren in Deutschland gehört wie Elvis in Amerika. Es war auch ein Wunsch von mir, mit ihm mal auf der Bühne zu stehen. Wir sind oft im Silbersaal im Deutschen Theater mit der Show und buchen da meistens einen Gast dazu. 2019 war das Linda Gail Lewis, die Schwester von Jerry Lee Lewis. Und diesmal haben wir bei Peter Kraus angefragt, ob er das machen will. Und es kam sofort eine Zusage. Darüber freuen wir uns natürlich. Er ist ja ein Riesenstar in Deutschland, der Rock’n’Roll-Star schlechthin. Und da sind wir natürlich schon mal ganz gespannt drauf.

The Last Bandoleros: Tex-Flex aus den USA erobert Bayern

Cowboy-Hut, eine Akustik-Gitarre und eingängige Texte, in denen alles besungen wird, was irgendwie mit “Home Sweet Home” zu tun hat: Wer Country-Musik aus den USA so beschreiben will, wäre mit diesen Klischees wohl ganz gut dabei.  

Weniger Klischees, aber dafür umso mehr frischen Wind, liefern Jerry Fuentes und die Brüder Diego und Emilio Navaira aus San Antonio (Texas, USA). Als “The Last Bandoleros” – übersetzt “Die letzten Gesetzlosen” – machen sie ihrem Namen alle Ehre und verbinden ihren Heimatsound mit vielen modernen Rock-Pop-Elemente, die auch bei uns in Deutschland für viele Fans sorgen. Während ihres Tour-Stops in Berlin, sprechen sie mit Munich – City Of Music darüber, wie es ist, mit Musiklegenden die Bühne zu teilen, und warum Konzerte wichtiger sind denn je.

Soundcloud Last Bandoleros

Ihr wart von Juni bis Ende August mit “The Boss Hoss” auf Tour. Ich weiß noch, als Boss Hoss seine ersten Erfolge in Deutschland gefeiert hat, war das ziemlich besonders: Eine deutsche Band, die US-Country-Musik macht und damit die Charts stürmt. Warum glaubt ihr, dass Country auch in Deutschland so beliebt ist? 

Jerry: Letztendlich hat Country auch in “Schlager” seine Wurzeln. Wir haben zum Beispiel einen Tejano-Einfluss. Man hört etwas Polka, etwas deutschen Einfluss. Es gibt viel Akkordeon in der Musik aus Südtexas. Es würde also Sinn machen, dass sich Texas Country mit deutschen Traditionen überschneidet und hier gut ankommt. Ich glaube, die Leute erkennen darin etwas Vertrautes wieder.

Die Mischung aus unterschiedlichen musikalischen Einflüssen ist ein gutes Stichwort: Ihr selbst habt in der Vergangenheit euren Musikstil als “Tex-Flex” beschrieben. Euer neues Album heißt ebenfalls “Tex-Flex”. Ich habe von “Tex-Mex” gehört, was genau bedeutet “Tex-Flex”? 

Diego: Auf diesem Album haben wir unsere südtexanische Kultur viel mehr einbezogen. Wir haben sehr früh als Musiker angefangen, haben in der Innenstadt auf den Märkten gespielt und so unsere Gigs gehabt. Und um einen Auftritt in Texas zu bekommen, musst du lernen, wie man Tejano-Musik spielt, du musst lernen, wie man Blues spielt, wie man Country, Pop und Rock spielt. In San Antonio, wo wir geboren und aufgewachsen sind, spielt man also schon in sehr jungen Jahren all diese Arten von Musik. Wenn uns also Leute fragen, welchem Genre wir angehören, wissen wir es nicht wirklich, weil wir damit aufgewachsen sind. Und wir haben einfach alles in unsere Musik gesteckt.

The Last Bandoleros
Foto: Tedesco

Ihr standet schon mit ziemlich vielen Legenden auf der Bühne: Sting, The Mavericks, Robert Plant von Led Zeppelin. Für Musiker, wie euch, muss das ja ziemlich aufregend gewesen sein, schließlich seid ihr mit der Musik dieser Menschen aufgewachsen. Worüber habt ihr da so hinter den Kulissen mit ihnen gesprochen? 

Emilio: Wir haben besonders viel Zeit mit Sting verbracht. Und manchmal ist es so einfach wie „Was hast du heute zum Frühstück gegessen?“. Aber die Sache ist, dass solche Leute, die seit Jahrzehnten so erfolgreich sind und Millionen von Musikern, einschließlich uns, beeinflusst haben, nicht ohne Grund so erfolgreich sind. Es ist ihre Arbeitsmoral, wie sie ihr Leben leben, es ist die Art und Weise, wie sie, wenn etwas schiefgeht, es einfach abprallen lassen und zur nächsten Sache übergehen. Sowas kann man von niemandem lernen, der nicht so erfolgreich ist. Es ist wirklich interessant und besonders anzusehen.

Emilio und Diego: Ihr seid ja Brüder. Habt ihr schon immer gerne zusammen gespielt oder hat erstmal jeder sein Ding gemacht? 

Emilio: Wir haben immer zusammen gespielt. Als Schlagzeuger war das super, ich musste nie wirklich alleine spielen. Ich denke, das ist das Langweiligste auf der Welt, sich hinzusetzen und alleine Schlagzeug zu spielen. Ich hatte also das Glück, dass ich immer meinen Bruder hatte, der mit mir Gitarre, Klavier oder Bass gespielt hat. Also verdanke ich größtenteils Diego meine Liebe zur Musik, denn sonst müsste ich alleine trommeln.

Diego: Wir haben das große Glück, die gleiche Leidenschaft und den gleichen Wunsch zu haben, nämlich Musik als Karriere zu verfolgen. Wo wir auch sind, es ist immer ein Familienmitglied in der Nähe und auch auf der Bühne macht es richtig Spaß. Ich habe das Gefühl, was auch immer er spielt, ich weiß direkt, was er tun wird. Das läuft alles ganz natürlich, einfach weil wir das schon so lange zusammen machen. Ich würde es nie anders haben wollen, als wie es jetzt ist. Mit meinem Bruder Musik zu machen ist das Beste.

Nun zum ungemütlichen, aber sehr wichtigen Thema: Pandemie. In den letzten Jahren haben leider viele Menschen aus der Musikindustrie extrem gelitten. Manche haben sogar komplett ihren Job verloren. Haltet ihr persönlich es für wichtig, diejenigen, die in der Musikindustrie arbeiten, zu unterstützen?  

Jerry: Ich denke, wenn Regierungen, Länder und Organisationen aufhören, Kunst zu unterstützen, kann das langfristig nicht gut gehen. Sie müssen Kunst am Leben erhalten, Kunst verbessert das Leben. Ich bin froh, dass Kultur jetzt wieder möglich ist, und ich bin froh, dass wir abgesichert genug waren, um wieder reinzukommen. Aber es ist bedauerlich, dass nicht jeder in der Lage ist, sich so schnell oder so leicht zu erholen.

Was können Musik-Fans eurer Meinung nach tun, um die Kunst am Leben zu erhalten? 

Emilio: Geht zu Shows, kauft Platten, kauft Merchandise, helft euren Lieblingsbands. Aber auch darüber hinaus: Wir haben bei dieser Tour viel Zeit in Berlin verbracht und unser Tourmanager, der in Berlin lebt, ist durch die Stadt gefahren und meinte „Oh, das war mal dieser Club, der war cool, aber er ist weg”. Wenn ihr also eine Location liebt, die ihr nach der Pandemie vielleicht noch nicht besucht habt, schaut euch dort ein paar Bands an, lasst bisschen Geld für ein Bier da und haltet diese Veranstaltungsorte auch in Betrieb. Denn wenn wir keine Locations haben, in denen wir spielen können, können wir auch nicht spielen.

Thomas Linsmayer, Geschäftsführer des Deutschen Theaters

Thomas Linsmayer vom Deutschen Theater München

Thomas Linsmayer lebt und liebt seit 25 Jahren die Musik. Seit Februar 2022 leitet er das Deutsche Theater in München. Schon seit vielen Jahren organisiert er Ausstellungen in unterschiedlichen Kultureinrichtungen in München, unter anderem für die Pasinger Fabrik. Munich – City Of Music spricht mit ihm über ein Kooperationsprojekt – eine Konzertreihe im Sommer 2022 – und die weiteren musikalischen Pläne des Deutschen Theaters.

Folge 5: Rudi Dolezal, Regisseur und (Musik-)Filmemacher

Rudi Dolezal im Interview

In seiner Heimat Österreich wird er “Rock-Professor” genannt und das zurecht: Rudi Dolezal ist Regisseur und Filmproduzent. Doch in erster Linie ist er seit fast vier Jahrzehnten ein absoluter Musik-Fan. Von Michael Jackson über Frank Zappa, den Rolling Stones, Bruce Springsteen und Queen: Unzählige Rockstars hat Dolezal im Laufe seiner Karriere getroffen – und diese Erlebnisse bleiben auch nach vielen Jahren für ihn unvergessen.

Du hattest schon ganz viele Prominente vor einer Kamera und wahrscheinlich auch sehr besondere Momente mit ihnen. Was verbindet dich denn mit Queen?

Jahrzehnte Freundschaft, 32 Videos, wo ich Regie gemacht habe, ziemlich viele Dokumentationen und Live-Konzerte. Sagen wir mal so: Ich war nie ein Queen-Fan. Meine Band waren die Rolling Stones. Trotzdem habe ich ganz früh in meiner Tätigkeit als Fernsehjournalist ein Angebot angenommen, einen gewissen Freddie Mercury in München zu interviewen. Auch den Brian May am gleichen Tag. Und das sollte mein Leben ändern.

Gibt es denn einen Moment, den du mit sei es Freddie Mercury oder auch Brian May hattest, wo du sagst: Da bin ich zum Queen-Fan geworden?

Nach 32 Queen-Videos kam das letzte. Das letzte Mal, dass Freddie vor einer Kamera stand. Die Art und Weise, wie er bereits als so schwer kranker Mensch – und ich war als Inner Circle früher als viele andere eingeweiht, was ist war – nicht zur Last fallen wollte, nicht wollte, dass das Team auf ihn wartet, obwohl er schon sehr schwer gehen konnte, wie er da immer noch alles aus sich herausgeholt hat. Ich hatte zu dem Zeitpunkt sowohl den Performer Freddie Mercury sehr geschätzt, aber gleichzeitig auch das scheue Reh Freddie Mercury. Es gibt einen Schuss von mir, wo er vom Wembley-Stadion runtergeht, und der Joe Fanelli (Mercurys Ex-Partner) ihm den Bademantel gibt und grad vorher war noch “God Save the Queen”. Und dann siehst du, er geht da ein und wird symbolisch zwei Meter kleiner. Aber dann halt wieder der private Freddie, der ausgelassene Freddie: Wenn er in seinem Inner Circle war, war der ein lustiger, wilder Hund. Das hab ich alles schon bewundert – und dann kam dazu der Mensch. Ich bin mit dem Wort “Freundschaft” sehr vorsichtig. Ich habe mit sehr vielen Leuten das Privileg gehabt zu arbeiten. Ich würde im ganzen Rockgeschäft eine Handvoll Leute meine Freunde nennen. Bei Freddie kam die Freundschaft spät. Und die war dann darin begründet, dass, wenn ich in London war, er gesagt hat: “Komm doch einfach vorbei, wenn du das bist”. Dann sind wir oft Nachmittags nur da gesessen und haben Ferngesehen. Dann beginnt das, was ich Freundschaft nenne. Und dann habe ich auch gegenseitige Unterstützung in Dingen, die nichts mit dem Job zu tun haben – wenn er den Job Rockstar hat und ich den Job Regisseur. Wie als das mit dem “Mercury Phoenix Trust” mit der Aids-Awareness begann, wo ich involviert war. Freddie hat sehr spät – einen Tag vor seinem Tod, um genau zu sein – offiziell bekanntgegeben, dass er HIV-positiv ist. Aber die Gründungsphase des “Mercury Phoenix Trust”, also einer Stiftung, die sich für die Forschung des HI-Virus einsetzt, Betroffenen hilft, etc., die begann schon viel früher. Für mich ist Freddie Mercury einer meiner Mentoren. Der erste Mentor war Frank Zappa. Der hat mir gezeigt, was Rock’n’Roll-Filmmaking ist, indem er mich einmal übers Knie von seinem Bodyguard gelegt hat für eine schlechte Frage. Und ich habe das weiter filmen lassen von zwei Kameras und gesagt: Das ist Rock’n’Roll-Filmmaking, nicht nur Interviews machen und dann ein bisschen Musik filmen. Was mir Freddie beigebracht hat war: Never try to be second-best. Er hat einmal erklärt, dass er das von Elton John hat. Er hat gesagt: Für jede Stufe des Erfolges, die du hinauf gehst, muss dir bewusst sein, dass du etwas, was du sehr lieb hast, unten lassen musst. Du wirst Freunde verlieren. Du wirst Verständnis verlieren. Du wirst Sympathie verlieren. Du wirst Privatleben verlieren, alles Mögliche. Und ich habe mir gedacht: Was sagt der mir das? Aber in Zeiten von Social-Media, von wohlwollend bis Shitstorms, kann ich das nachvollziehen, obwohl ich mich nie mit irgendwelchen Menschen verglichen habe, die vor meinen Kameras waren. Ich bin der Filmemacher, die Legenden waren vor meiner Kamera. Bis heute brenne ich für die Musik, für die Ideen, für die Poesie. Ob es der Gitarrenriff von Keith Richards ist oder ob es die Bilder von David Bowie sind, der gemalt hat, die, wenn er nicht David Bowie gewesen wäre, auch alleine ihre Wertigkeit gefunden hätten. Das sind die Dinge, die mich aufregen, erregen…

Was bedeutet München für dich als Musikstadt?

München war für mich das erste Ausland. Ich bin aus Wien oft hierher gekommen und habe Bands zuerst angeschaut, später dann gefilmt, die nicht nach Wien kamen. Dann sind wir nach München und da habe ich Roxy Music gedreht, Barclay James Harvest, die ganzen großen Rock-Bands, die interessant waren für eine Jugendsendung, die hieß damals “Ohne Maulkorb” und lief im ORF. In München hatte ich sehr viele Erlebnisse: Im Sugar Shack, Hallucination Company hat hier gespielt, Falco hat hier Anfänge gehabt, außerhalb Österreichs. Mit München verbinde ich einerseits das, dann Schnösel und dazwischen immer wieder interessante Leute. Prinzipiell habe ich eine positive Einstellung zum München.

Es gibt momentan eine Kampagne, Freddie Mercury ein Denkmal hier in München zu setzen. Was hältst du davon?

Ich war jetzt eine Woche in Montreux, rund um die (Freddie Mercury-)Statue. Damals habe ich die Künstlerin gefilmt, wie sie geknetet hat und ein kleines Modell gemacht hat. Wenn man sieht, was das für ein Punkt ist, für Tourismus, für Freddie Mercury- und Queen-Verehrung oder auch Gedenken, dann finde ich, ist es längst an der Zeit, dass München ein Denkmal macht, weil in München war Freddie viel mehr als in Montreux. In Montreux hatte er tolle letzte Momente, immer wieder Ruhe und natürlich das Mountain Studio, aber hier in München hat er Jahre verbracht, und zwar nicht nur im Studio, sondern hat privat auch Videos gedreht. Es wurde kein einziges Video in Montreux gedreht. Das heißt, ich persönlich unterstütze das. Ich werde mich sogar mit in die erste Reihe stellen, wenn man mich braucht. Ich finde, München braucht eher heute als morgen ein Freddie Mercury-Denkmal. 

Folge 4: Marion Schöne, Geschäftsführerin der Olympiapark GmbH

Sie hat den Überblick über eine der geschichtsträchtigsten Sport- und Kulturstätten Münchens: Seit 2017 ist Marion Schöne Geschäftsführerin der Olympiapark GmbH und das mit ganzem Herzen. Ihre Leidenschaft für Musik, Events und die Stadt München treibt Sie täglich an, den Olympiapark an neue kulturelle Trends anzupassen, ohne dabei seine 50-jährige Geschichte als Tourismus-Hotspot aus den Augen zu verlieren.

Fangen wir mal ganz unverfänglich an, stellen Sie sich doch bitte mal kurz vor… 

Mein Name ist Marion Schöne. Ich bin die Geschäftsführerin der Olympiapark München GmbH seit 2017. Und ich kann nur sagen, ich habe hier eigentlich meinen Traumjob gefunden. 

Warum?

Weil es eine wahnsinnig vielfältige Aufgabe ist und es gibt eigentlich keinen Tag, an dem es zur Routine wird – was man sich manchmal natürlich auch wünschen würde (lacht). Weil man mit unglaublich vielen unterschiedlichen Menschen zusammenkommt und weil wir durch unsere zwei großen Bereiche „Sport“ und „Musik“ auch zwei tolle Themen abdecken. 

Was ist denn Ihre erste Erinnerung an den Olympiapark? 

Die erste Erinnerung an den Olympiapark ist tatsächlich medial. 1972, da war ich zehn Jahre alt, und in unserer Familie wurde immer sehr viel Sport geguckt. Natürlich habe ich die Olympischen Spiele vor dem Fernseher verfolgt. Das sind so meine ersten Erinnerungen an den Park. 

Was macht denn Ihrer Meinung nach den Olympiapark so einzigartig? 

Er ist eine der am besten nachgenutzten olympischen Stätten. Wir bieten hier eine große Vielfalt an Events, viele Konzerte, viele Shows, aber auch Sportveranstaltungen. Jeder, der München besucht, geht natürlich auch in den Olympiapark, schaut sich den an wegen seiner einzigartigen Architektur. Ich war letztens wieder mit einer Gruppe auf dem Olympiaturm und selbst mir geht dann immer wieder das Herz auf, wenn man von oben diese tolle Struktur sieht. Man sieht diese wunderbaren, geschlungenen Wegeführungen. Es gibt auch immer mehr kleine Ecken, die nicht so überlaufen sind. Und dann unsere schönen Veranstaltungsstätten, die alle durch das wunderbare Zeltdach miteinander verbunden sind. Es ist einfach etwas ganz Besonderes. 

Der Olympiapark lebt von Sport und Musik. Was bedeutet Ihnen denn persönlich Musik? 

Wenn man sich erinnert an die Jugendzeit, an die Teenie-Zeit mit Liebeskummer – was hat man da gemacht? Man hat sich wirklich vor sein, damals noch Kassettenrekorder gesetzt und hat sich irgendwelche Songs reingezogen, wo man dann noch mehr heulen musste. Danach ging es einem dann auch wieder besser. Es gibt eigentlich kaum ein Genre der Musik, das ich nicht mag. Ich denke mir oft, wenn ich Musik höre: Man muss das viel öfter hören. Es müsste einen fast den ganzen Tag begleiten.

Sie haben mit Ihrem eigenen Musikgeschmack schon abgebildet, wie vielfältig auch die Münchner Musikszene ist. Gibt es dann ein spezielles musikalisches Ereignis, das Sie hier in München erlebt haben, an das Sie sich besonders erinnern können?

Für mich war besonders prägend das Ed Sheeran-Konzert 2018. Einfach wegen dieser unglaublichen Stimmung, weil das das Schöne im Olympiastadion ist: Wenn man da drin sitzt und man hat eine Sommernacht, dann hat man vielleicht sogar noch Vollmond und guckt auf dem Berg und man sieht, da sind Tausende von Menschen, die eben keine Tickets bekommen haben. Es sind richtiges Happening um das Stadion herum und ist eine tolle Atmosphäre.

Ohne die Olympischen Spiele 1972 würde es das Ganze hier nicht geben. 2022, 50-jähriges Jubiläum der Spiele: Was ist alles geplant für dieses Jahr? 

Da ist sehr viel geplant und wir hoffen vor allem, dass wir es alles durchführen können. In unserer Ausstellung auf dem Olympiaturm geht es um die Zukunft von Events. Unser Motto heißt „1972, 2022, 2072 – Wie sieht der Olympiapark in 50 Jahren aus?“. Dann werden wir einen tollen Jubiläums-Pavillon haben, der im See schwimmt. Das ist die zentrale Anlaufstelle für das gesamte Jubiläum. Dort wird das ganze Programm vorgestellt werden, nicht nur das im Olympiapark. In der Stadt gibt es auch noch über Hundert Veranstaltungen zu diesem Thema. Gleichzeitig wird dort die Geschichte des Sports dargestellt werden. Er ist auch während der „European Championships“ Anlaufstelle und soll auch ein Treffpunkt und Begegnungsort werden. Der Pavillon ist im Design von 1972 und auch nach alten Baumustern gebaut und wird etwa ein halbes Jahr stehen.

Was ist musikalisch im Olympiapark geplant 2022?

In der Olympiahalle, nur um ein paar zu nennen, kommen Hans Zimmer Live, Dua Lipa, Zucchero, Eric Clapton, Gianna Nannini, Herbert Grönemeyer, die Scorpions, Simply Red, David Garrett, Udo Lindenberg, Brian Adams, Queen and Adam Lambert. Für mich ein Highlight: Alicia Keys. Am Ende des Jahres hoffen wir alle hier im Park, dass unser „Night of the Proms“ wieder stattfindet, auch wenn es dann diesmal das erste Mal ohne den geliebten John Miles (Anmerkung der Redaktion: leider verstorben) sein wird. Dazu kommen im Olympiastadion Open-Air-Konzerte, die Toten Hosen, die Ärzte, Guns’N‘Roses und wieder Ed Sheeran. Und natürlich hoffen wir, dass wir im Jubiläumsjahr unsere beiden Eigenveranstaltungen wieder unterbringen: Unser „MASH“ und den „Sommernachtstraum“. Ich glaube, da werden sich alle schon sehr darauf freuen. Nachdem zwei Jahre lang kein richtiges Feuerwerk möglich war, gibt es dann hoffentlich einen richtigen Kracher.

Im Olympiaturm wird es dann den Zukunftsausblick geben, was man sich erhofft von der Eventszene hier in München für die nächsten 50 Jahre. Was würden Sie persönlich sich wünschen für die Münchner Musik- und Kulturszene?

Ich würde mir vor allem wünschen, dass sie so vielfältig bleibt, wie sie vor Corona war. Sie hat jetzt stark an Vielfalt verloren. Außerdem glaube ich, dass Musikfans diese Bandbreite nutzen sollten. Dass man einfach auch mal schaut: Ich gehe zu einem Open-Air-Konzert hier im Olympiastadion, aber was läuft denn noch in den Clubs, in den kleineren Locations? Wie kann ich vielleicht eine Band kennenlernen, die ich noch nicht so gut kenne? Wie kann ich das auch unterstützen, indem ich da hingehe und Tickets kaufe? Musik ist immer ein Erlebnis, das man gerne mit anderen teilt. Und je mehr Menschen da sind, die die gleichen Emotionen haben, desto toller ist das Musikerlebnis. 

„Munich – City Of Music“ ist eine Plattform, die sowohl für Kultursuchende als auch für Kulturschaffende ein Angebot darstellen soll, um sich zu informieren, was gerade in München passiert, aber auch, um sich selber zu präsentieren. Was halten Sie denn davon?

Ich habe auf die Seite schon geguckt und fand es ganz toll, weil ich persönlich finde: Es ist immer schön, wenn man zu einem Thema wirklich alle Informationen findet. Das Schöne ist, dass man München auch präsentiert als Musikstadt; dass München eben auch andere Seiten hat, nicht nur FC Bayern und das Oktoberfest. Und natürlich ist es sicherlich auch schön, wenn sich dann auch Bands, also vor allem auch lokale Bands, hier präsentieren können und man sich sucht und findet.

Folge 3: DJ Ötzi (Gerry Friedle)

Er ist der Gerry aus Tirol, der Mann mit der weißen Mütze und dem charmanten Dialekt: Gerhard Friedle, besser bekannt als DJ Ötzi, begeistert seit 1999 Fans auf der ganzen Welt. Seine Single „Hey Baby“ schaffte es nicht nur im deutschsprachigen Raum an die Spitze der Charts, sondern unter anderem auch in England, Schottland, Südafrika und Australien. Sein Bezug zu München und Münchens Bezug zu ihm ist aber eine einmalige Liebesbeziehung: Eine Wiesn ohne seine Hits ist unvorstellbar. Einer der Gründe, warum der Mann mit den Tausenden Fans selber großer Fan der bayerischen Landeshauptstadt ist. 

Was bedeutet dir persönlich Musik?

Musik ist lebensnotwendig, ohne Musik ist wie ohne Liebe, ohne Luft, ohne Wasser. Das gehört bei mir zu meinem Leben dazu. 

Also ohne Musik wäre dein Leben in eine ganz andere Richtung verlaufen? 

Das ist richtig, aber ich glaube, das wäre es bei vielen anderen auch. Mit Musik verbindet man Emotionen, Liebe, Trennung, Trauer, glücklich sein. Bei mir war es auch eine Geschichte mit Janis Joplin. Ohne Janis Joplin würde es DJ Ötzi nicht geben. Jetzt kann man Janis Joplin verfluchen oder nicht, aber ich habe sie großartig gefunden und finde sie bis heute großartig. „Me And Bobby McGee“ – was ja lustigerweise ursprünglich von Kris Kristofferson ist. Also: Ohne Janis Joplin würde es mich so nicht geben. 

Gibt es eine Lebensweisheit, die dich immer geleitet hat? 

Es lohnt sich, an sich zu arbeiten. Es lohnt sich, an sich zu glauben, und es lohnt sich, es durchzuziehen. Auch, wenn man in einer Situation ist, wo man nicht mehr rauskommt, weiterentwickeln und an sich arbeiten. 

Folge 2: Herbert „Herbi“ Hauke, Ex-Rockmuseumsdirektor

Herbert „Herbi“ Hauke ist nicht nur ein leidenschaftlicher Sammler, wenn es um Artefakte der Rock- und Pop-Geschichte geht, sondern war auch Direktor des höchsten Rockmuseums der Welt, auf 191 Metern im Münchner Olympiaturm. Einen Teil seiner privaten Sammlung – der wohl größten Privatsammlung Europas – dürfen Musikfans vom 17. März bis Ende Juni 2022 in der Pasinger Fabrik bewundern. 

“Queen – A Bohemian Rhapsody”: Deine große Queen-Ausstellung steht in den Startlöchern, am 17. März 2022 geht es los. Was verbindet dich mit Queen?

Ich hatte das Privileg, 1974 Freddie Mercury persönlich kennenzulernen, bei seinem Auftritt im Theater an der Brienner Straße – das heißt heute Münchner Volkstheater (Anmerkung der Redaktion: inzwischen umgezogen). Auf alle Fälle eine sehr, sehr kleine Location. Keiner kannte Queen und der Fotograf Didi Zill hat mich hinter die Bühne mitgenommen, weil da eine kleine Pressekonferenz war. Ich stand ein bisschen rum nach der Show und er hat gesagt: “Da sind relativ wenig Leute, da kannst du mitkommen und dich bisschen mit Queen unterhalten”. Ich muss ehrlich sagen, ich hatte damals gar keine Ahnung, wer das ist. Aber ich hatte ein sehr nettes Gespräch mit Freddie Mercury und es gab dann ein sehr gutes Buffet, was für einen 19-Jährigen immer interessant ist. 

1974 sah die Welt für Queen noch ganz anders aus. Heutzutage sind sie ein weltweites Phänomen, mit einer der erfolgreichsten Rockbands überhaupt. München war als Stadt auch extrem prägend für Queen. Warum?

Alle Rockmusiker kamen immer gern nach München und es war immer die gleiche Begründung: “Herbert, it’s about the Munich beer and the Munich girls”. Hier kam dann dazu, dass die Musicland-Studios mit dem Produzenten Reinhold Mack für die damalige Zeit einfach der Nabel der Musikwelt waren. Die haben hier unheimlich gerne produziert, die Superstars. Das zweite war dieses Münchner Lebensgefühl. Freddie Mercury konnte hier unerkannt seinen persönlichen Neigungen nachgehen, im damals schon sehr modernen Glockenbachviertel, wo man sehr tolerant war und eine gewisse Szene angesiedelt war. Es gibt diesen wunderschönen Spruch von Freddie: “Munich was a place where I could actually walk the streets”, also “in München konnte ich mich völlig unbehelligt bewegen”. Somit hat er hier sechs Jahre verbracht, viele Liebschaften gehabt, aber auch unglaubliche Dinger hier produziert. Sehr schön finde ich diese wunderbare Geschichte, dass in der Badewanne des Hotel Hilton der Song “Crazy Little Thing Called Love” entstanden ist.

Stichwort Glockenbachviertel: Man kann ja heutzutage immer noch sehr viele dieser Orte sehen, die Freddie Mercury auch besucht hat. Oder?

Ja, es ist natürlich eine andere Szene. Andererseits gibt es noch so Orte wie zum Beispiel das Henderson (heute Paradiso Tanzbar), wo seine berühmte Geburtstagsparty war mit dem Song “Living On My Own”, der heute noch ein Riesenhit im Internet ist. Es ist dort auch immer noch das wunderbare, sehr kosmopolitische Lokal Deutsche Eiche mit Dietmar Holzapfel. Man kann dort also schon noch auf seinen Spuren wandern. Er hatte dort früher auch Eigentum. Er war dort mit Barbara Valentin zusammen. Man kann also erstaunlicherweise noch sehr, sehr viel über ihn oder die Erinnerungen an ihn finden. Das Schöne ist auch, dass die Firma MucTours – in Kooperation mit mir – Touren anbietet auf den Spuren von Freddie Mercury, wo wir den Leuten das Glockenbachviertel bisschen näher bringen, viel auf den historischen Spuren von Freddie Mercury wandeln, sehr viele Anekdoten zu erzählen haben und ihn nochmal in seinen Münchner Jahren zum Leben bringen.

Sehr viele Anekdoten und sehr viele ganz besondere Ausstellungsstücke wird es ab dem 17. März dann auch in der Pasinger Fabrik geben. Was ist denn dein persönliches Highlight der Ausstellung? 

Ich denke, das Highlight der Ausstellung ist tatsächlich jetzt erst vor zwei Wochen reingekommen. Jemand, der jetzt in Bonn wohnt, hat mir Bilder geschenkt, wie er in München mehr oder weniger Queen belagert hatte, als sie im Musicland Studio produzierten. Die Fans haben es geschafft, denen sehr nahe zu kommen. Und es gibt ein Foto, da haben die knallhart Freddie Mercury mit einer kleinen Kamera aus einem Meter Entfernung ins Gesicht geblitzt. Das Foto sieht aus, wie wenn man ein Reh in der Nacht auf der Lichtung erwischt.
Man sieht, wie Queen sich hier im Musicland Studio bewegt haben. Es sind auch wirklich sehr seltene, interessante Aufnahmen dabei und ein herrlicher Bericht dieser Fans, wie sie eben ihren Idolen damals näher gekommen sind. So etwas ist eine sehr schöne Geschichte, denn wir haben einen großen Schwerpunkt über München in der Ausstellung, aber so etwas, so eine “First Hand Experience”, ist natürlich wirklich faszinierend.

Für Queen-Fans ist die Ausstellung sowieso ein Must See hier in München. Warum ist es denn auch etwas für Musikfans allgemein?

Es ist uns eine sehr interessante Ausstellungsgestaltung gelungen, die auch ein bisschen verrückte Kunst drin hat. Denn es war so, dass Queen immer den Anspruch hatte – oder insbesondere Freddie Mercury: Man darf im Leben alles machen, aber es darf nie langweilig sein. Never Boring.
Wir haben eine Doppelausstellung. Wir bieten zusätzlich die Ausstellung 50 Jahre “Smoke On The Water” an, über Deep Purple – als dieser Hotelbrand, über den wir eine Dokumentation haben, letztendlich die Grundlage eines bis heute unsterblichen Songs gebildet hat.
Bei der Queen-Ausstellung ist es so, dass wir nicht nur auf München eingehen, sondern ich versuche auch die Verbindung herzustellen: Wo hat Queen eigentlich seine Ideen her? Unter anderem von einem Stummfilm 1926 namens “Metropolis” von Fritz Lang. In diesem Film ging es darum, dass Roboter eines Tages die Welt beherrschen, und es ist dann die Liebe zwischen einem Roboter und einem Menschen, der diese beiden Pole wieder verbindet. Es ist doch sehr überraschend zu sehen, wie ein 1926 aufgenommenes Thema heute sehr aktuell ist.
Wir werden einen kleinen Verabschiedungsraum haben, wo Fans ihre Nachricht für Freddie hinterlassen können. Es gibt zwei Videoproduktionen, die man sich anschauen kann, während der ganzen Ausstellung. Und parallel dazu gibt es Kinoabende, eine fantastische Live-Band, die da spielt, und eine Lesung mit dem Autor Nicola Bardola, der das Buch geschrieben hat über Freddie Mercury in München. Wir haben ein recht buntes Rahmenprogramm, das doch einigen Leuten Spaß machen wird.

Sissi Perlinger ist ein menschgewordenes Gesamtkunstwerk. Sie lebt für ihr Publikum und für ihre Kunst. Dazu zählen Gesang, Tanz, Schauspielerei und Kabarett. Sie ist Weltenbummlerin und wurde durch Aufenthalte unter anderem in Paris, New York und Los Angeles über die Jahre zur Vollblut-Entertainerin. Ihre Liebe zur Stadt München begleitet sie bis heute. Was diese Stadt für sie so einzigartig macht und was sie sich für die Zukunft der Münchner Kulturszene wünscht, verrät sie in der ersten Folge von MCOMs „Unerhört“.

Ist München für dich eine Musikstadt?

Ich würde sagen, früher war München wirklich eine ganz weltberühmte Musikstadt – wie viele große Rockbands hier waren, aufgenommen haben, was hier für Konzerte stattgefunden haben. Wir haben das große „Tollwood“-Festival, wo große Bands kommen und kamen. Das Schöne und Bezaubernde an München ist, dass es relativ überschaubar ist. Es ist eine kleine Stadt. Es ist nicht wie in Berlin oder gar in LA, dass wenn du an der südlichen Ecke bist und du würdest gern im Norden etwas sehen, du es fast vergessen kannst, weil es eine Weltreise ist. München ist eigentlich eine sehr einladende, nette, kleine Puppenstadt mit doch noch erheblichem Musikangebot.

Du bist in München aufgewachsen: Wie hat dich die Stadt als Künstlerin geprägt?

Sissi PerlingerIch habe in den frühen 80er-Jahren angefangen und muss sagen, da waren die Türen wirklich offen. Da konnte man die skurrilsten Dinge machen und alle waren begeistert. Ich habe wirklich teilweise jeden Abend irgendwo gespielt; in einer Disco oder auf einer Geburtstagsfeier oder auf den Kleinkunstbühnen. Dann gab es Mischprogramme, da konnte man eine Viertelstunde auftreten. Marianne Sägebrecht hat hier unglaublich viel angekickt und die ganze, sehr zerstreute, bunte Szene aus bunten Leuten zusammengebracht. Durch sie habe ich auch ganz viele Auftritte bekommen. In dem Moment, in dem ich gesagt habe „So, jetzt lebe ich da davon“, hat es wirklich auch so hingehauen. Und dann ging es eigentlich immer bergauf. Also ganz spielerisch.

Du bist Schauspielerin, Autorin, Musikerin und Kabarettistin: Was davon machst du besonders gerne?

Besonders gerne mache ich das, wo ich mich immer weiterentwickele. Ich wollte ursprünglich Tänzerin werden, meine ersten Shows waren sehr tanzlastig. Dann war ich in einer Band, habe ganz viel gesungen. Dann habe ich immer mehr Songs gemacht. Dann habe ich plötzlich kapiert, dass es ganz wichtig ist, dass die Leute auch eine Geschichte kriegen und lachen können. Und dann haben sie mich als Schauspielerin engagiert. Dann habe ich gedacht, dass es in der Schauspielerei ganz entscheidend ist, dass du die Dinge auch wirklich glaubwürdig rüberbringen kannst. Jetzt mag ich eigentlich am allerliebsten, dass ich das alles gemeinsam in einen zweistündigen Abend reinpacken kann, wo man sich keine Sekunde lang langweilt, und einem begeisterten Publikum hinknallen kann. Das finde ich am Schönsten an meinem Job.

Welcher Tipp, den du bekommen hast, hat dich deine Karriere über begleitet?

Ein ganz wichtiger Tipp: Schon von der ersten Gage gleich an die Altersvorsorge denken. Das würde ich wirklich jedem jungen Künstler, der anfängt, in den Beruf zu gehen, empfehlen. Dann sollte man immer versuchen, dass man möglichst viele Standbeine ausfährt. Also sich nie auf dem Ruhm ausruhen und auch nie irgendein Statussymbol kaufen oder das Geld für irgendeinen Quatsch ausgeben. Das kann von heute auf morgen, wie wir ja jetzt alle gesehen haben, schlagartig vorbei sein. Es ist ganz wichtig, dass man ein fettes Polster hat, damit man auch lange Durststrecken überwinden kann.

Sissi PerlingerWas wäre deine Wunschvorstellung für Münchens Kulturszene in 5 Jahren?

So wie man es an manchen Ecken in Berlin erlebt. Dass die Leute sich irgendwelche ehemaligen, kleinen Ladengeschäfte umbauen, Pop-up-Restaurants, Pop-up-Konzerte. Dass da Leute auch für weniger Miete noch irgendwo unterkommen können und dass der Münchner ein bisschen weltstädtischer, offener und toleranter wird. Der Traum wäre natürlich, dass alle Münchner sagen: „Hey, wir freuen uns, wenn wir jemanden Klavierspielen hören und rufen nicht die Polizei“ (lacht).

Warum ist eine Plattform wie „Munich – City Of Music“ deiner Meinung nach so wichtig?

Ich halte das für eine großartige Idee, weil mein persönliches Erleben ist Folgendes: Ich komme zum Beispiel nach Berlin, habe vier Tage Zeit, möchte gerne tolle Konzerte anhören, tanzen gehen und finde mich stundenlang am googeln bis ist sage, dass ich keinen Bock mehr habe, weil es so ein Durcheinander ist. Wenn ich dann auf einen Knopf drücken kann und eine Stadt zeigt mir alle ihre Facetten, das finde ich genial.

Mehr Infos zu Sissi Perlinger finden Sie hier: www.sissi-perlinger.de