Beißpony ist weit mehr als eine Band. Man könnte eher von einem experimentierfreudigen Produktionskollektiv mit vielfältigen künstlerischen Verzweigungen sprechen. Beißpony besteht seit 2006. Damals lernten sich Laura Theis und Steffi Müller aka Rag*Treasure bei einem Konzert im Kafe Kult in München kennen. Schnell fanden sie einen gemeinsamen künstlerischen Nenner. Experimenteller Pop trifft bei ihnen auf Anti-Folk, Noise, Klangkunst, queerfeministischen DIY-Punk-Spirit, selbstgebaute Musik, Performance und Videokunst.
Trotz langjähriger Band-Fernbeziehung stehen die beiden nach wie vor im engen Austausch miteinander. Die deutsch-türkische Songwriterin Laura Theis lebt in Oxford und arbeitet dort als freie Autorin. Steffi Müllers Basis ist der Mediendienst Leistungshölle in München, eine nomadisch-kollaborative Spiel- und Werkstätte. Von Beginn an öffneten die beiden ihre Band für Andere. Seit 2010 zählt Klaus Erika Dietl zum Beißpony-Kosmos. Der queerfeministische Filmemacher und Medienkünstler bereicherte das Projekt zunächst mit Musikvideos. Mittlerweile bringt sich Klaus Erika Dietl auch als Soundkünstler ein.
Das dritte Album ist am Start
Die ersten beiden Alben „Brush Your Teeth“ (ChicksOnSpeed Records) und „Beasts & Loners“ (Rag Rec) leben von der ungeschliffenen Experimentierfreude der Künstler*innen und der Lust am Austausch mit weiteren Soundbegeisterten. „The Small & The Many“ dockt hier an und traut sich noch ein paar Schritte weiter. Im Zuge der Albumproduktion wurde sogar ein Bienenhaus zum Aufnahmestudio. Das hängt damit zusammen, dass man über ein Seitenprojekt, das „Alligator Gozamaisu”-Kollektiv, auf den Imker und Experimentalmusiker Pitchu aufmerksam wurde. Dieser brachte die Idee ins Spiel, ein Bienenvolk mit Mikrofonen und bioakustischen Sensoren auszustatten. So konnten Informationen aus dem Bienenstock erfasst und in akustische Reize übersetzt werden. Rhythmen und Stimmungen der Kolonie flossen über diesen Versuchsaufbau in die Musik ein.
Auf dem aktuellen Album „The Small & The Many“, das am 7. Juni beim Label Rheinschallplatten erscheint, spielen also Bienen eine wichtige Rolle. Dazu kommt Pitchus Blasmusik, die das hektische Treiben des Bienenvolks und den Beißpony-Pop immer wieder unterbricht und sich doch harmonisch einfügt. Steffi Müller übernahm erstmals federführend das Sound-Design, den Mix und das Mastering. Sie holte ihre Kollegin Laura Theis bei kleinen Sessions in Online-Räumen und über Sprachnachrichten per Messenger mit an Bord. Dabei ließ sie sich von schwachen Netzsignalen, Latenzen und Tonstörungen nicht verstimmen. Ganz im Gegenteil: Genau diese Splitter im Klanggewebe machen den besonderen Charme aus.