
Ende Oktober kommt „Kinky Boots – The Musical“ ins Deutsche Theater. Pop-Ikone Cyndi Lauper lieferte die Musik dazu und einige persönliche Worte im Interview.
2005 eroberten die „ziemlich scharfen Stiefel“ die Kinoleinwand, acht Jahre später als Musical „Kinky Boots“ den Broadway in New York. Dort wurde das Stück, für das Pop-Ikone Cyndi Lauper die großartige Musik lieferte, in über 2500 ausverkauften Vorstellungen gefeiert. 2015 reihte sich London in die Erfolgsgeschichte ein. Doch nicht nur die Herzen des Publikums flogen „Kinky Boots“ zu – sondern auch die der Kritiker und Juroren: Das Musical erhielt unter anderem sechs Tony- und drei Olivier-Awards sowie einen Grammy Award.
Zum großartigen Kreativteam gehörten neben Cyndi Lauper, die sich mit unvergesslichen Hits wie „Girls Just Wanna Have Fun“, „Time After Time“ und „True Colors“ eine weltweite Fangemeinde erarbeitete, auch Harvey Fierstein. Der Hollywood- und Theater-Schauspieler (u.a. „Mrs. Doubtfire“ und „Independence Day“) und mehrfach preisgekrönte Autor (u.a. „La Cage Aux Folles“, „Hairspray“, „Newsies“) hat das Buch geschrieben. Ab Ende Oktober wird die englischsprachige Originalproduktion von „Kinky Boots“ mit deutschen Übertiteln im Deutschen Theater zu erleben sein. Im Vorfeld ermöglichte Cyndi Lauper den örtlichen Veranstaltern ein Interview, das wir euch nicht vorenthalten wollen.
Was hat dich zuerst an der Geschichte von Kinky Boots fasziniert, und warum wolltest du Teil der Bühnenfassung sein?
Cyndi Lauper: Ich habe mich sehr mit der Geschichte von Kinky Boots identifiziert, da ich mich in meinem Leben oft wie eine Außenseiterin gefühlt habe. Außerdem kenne ich Jerry Mitchell und Harvey Fierstein schon seit Jahren und wollte immer mit ihnen zusammenarbeiten. Deshalb war ich begeistert, dass sich mir mit diesem Projekt die Gelegenheit bot, mit meinen Freunden zu arbeiten!
Wie unterscheidet sich das Schreiben von Musik für ein Broadway-Stück von dem Schreiben von Popsongs in deiner Karriere?
Es ist völlig anders. Man kann in unterschiedlichen Stilen und Stimmen schreiben, weil man für verschiedene Figuren komponiert. Natürlich ist nicht jeder Song auf meinen Alben autobiografisch, oft erzähle ich Geschichten anderer Menschen. Aber für Figuren zu schreiben bedeutet, ihre Stimme und Perspektive einzunehmen, und das macht es anders. Außerdem müssen Songs in einem Musical die Handlung voranbringen. Das ist eine zusätzliche Herausforderung, die man nicht hat, wenn man nur für sich selbst schreibt. Eine der aufregendsten Dinge, die Harvey mir beim Schreiben von Kinky Boots beigebracht hat, war, dass es keine Regeln gibt. Ich fragte ihn nach den Regeln und er sagte immer wieder: „Es gibt keine!“ Das fand ich großartig, denn in der Musikindustrie gibt es sehr viele Regeln, an die man sich halten soll.
Welcher Song im Stück war am schwierigsten für dich zu schreiben, und warum?
Ich hatte das Glück, dass Harvey und Jerry mich durch den Schreibprozess geführt haben. Wenn ich nicht weiterwusste, halfen sie mir herauszufinden, welcher Song in dem Moment gebraucht wurde. Für das Finale des ersten Aktes sagte Jerry zu mir: „Wir brauchen einen Song, bei dem alle die Stiefel zum ersten Mal sehen und YEAH! Rufen“ – und so schrieb ich „Everybody Say Yeah!“.
Gab es Momente, in denen deine persönlichen Erfahrungen die Musik für das Stück beeinflusst haben?
Ich denke bei „Not My Father’s Son“. Diesen Song habe ich eigentlich als Liebeslied für meinen Mann und meinen Sohn geschrieben. Ich habe beobachtet, wie mein Sohn aufgewachsen ist und wie sehr er zu seinem Vater aufgeschaut hat. Anders als die Väter von Charlie und Lola hat mein Mann meinen Sohn immer so akzeptiert, wie er ist und sein möchte. Ich habe diese Vater-Sohn-Dynamik hautnah miterlebt und wollte etwas dafür schreiben. Mein Mann hat wirklich die „patience of Job“, eine engelsgleiche Geduld, deshalb habe ich ihm die Zeile im Song gewidmet.
Der Gewinn des Tony Awards für die beste Originalmusik war historisch, da du die erste Frau warst, die diese Kategorie allein gewann. Was bedeutete das für dich persönlich?
Es gibt immer noch viele Grenzen, die überwunden werden können, besonders für Frauen im Theater- und Musikbereich. Ich war sehr stolz, die erste alleinige Komponistin und Texterin zu sein, die einen Tony Award gewonnen hat, aber das hätte schon lange vor 2013 passieren sollen! Ich freue mich, dass seit meinem Gewinn viele weitere Frauen in der Kategorie „Best Score“ nominiert wurden und einige sogar gewonnen haben, das ist wunderbar!
Welche Erwartungen hast du, wie das Publikum in Deutschland auf die Geschichte reagieren wird – im Vergleich zu Broadway oder West End?
Ich hoffe, dass das Publikum genauso begeistert reagiert wie am Broadway, am West End und überall sonst, wo das Stück seit 2013 gespielt wurde. Vor allem ist es einfach eine Glückspille! Es ist so voller Freude und Spaß und ich denke, gerade heutzutage können wir alle ein bisschen davon gebrauchen. Gleichzeitig ist es universell: Jeder kann sich in Teilen der Geschichte wiederfinden. Sei es in komplizierten Beziehungen zu den Eltern, in einem Lebensweg, den sie für uns wollten, oder im Umgang mit Menschen, die anders sind, bei dem wir nicht immer wissen, wie wir reagieren sollen.
Fotos: Deutsches Theater, Wikimedia/Eva Rinaldi Photography