Unser Fotograf Sigi Müller ist ein riesiger Fan der alljährlichen Night of the Proms, einer Konzertreihe, bei der klassische Musik auf Popmusik trifft. Sänger John Miles war eine der wichtigsten Persönlichkeiten im Rahmen dieser besonderen Nacht. Er sang dabei regelmäßig, bis zu seinem Tod im Dezember 2021, seinen größten Hit „Music“. Sigi Müller hatte John Miles früher persönlich kennengelernt und fotografiert. Er vermisste ihn natürlich bei der diesjährigen Ausgabe in der Olympiahalle, hat aber wieder mit vielen anderen Stars gesprochen und tolle Bilder gemacht. Hier sein persönlicher Nachbericht:
Ich bin zu Gast bei der ersten der drei “Night of the Proms” in der Olympiahalle. Ich stehe am Pförtnereingang, werde gleich abgeholt. Busse kommen an und viele Menschen strömen in den Raum. Das Orchester, der Chor. Lachen, erzählen, keine Hektik, die Vertrautheit, viele Freunde um sich herum zu haben, obwohl man in einer fremden Stadt ist. Ansgar nimmt mich mit hinter die Bühne und ich treffe gleich am Anfang den Geschäftsführer Dirk Hohmeyer mit Sohn Lukas zwischen Transportboxen und Kisten. Was macht ihr anders, warum kommen die Gäste jedes Jahr wieder, kaufen heute schon Karten für 2023, frage ich. „Wir sind eine große Familie. Vor und hinter der Bühne. Die Show ist der Star und die Leute wissen, dass wir auch im nächsten Jahr eine gute Show machen. Anders als andere Shows, reisen wir komplett mit Orchester und Chor. Sonst wird das Orchester vor Ort gebucht und die Routine, gemeinsam für 3 Konzerte zu harmonieren, fehlt. Unsere Musiker kennen sich, haben Spielspaß, weil sie sicher sind, weil sie alle wie eine Mannschaft schon lange zusammenarbeiten. Wir reisen mit 199 Menschen, davon 120 Musiker. Eine ungeheure Logistik, aber auch eine Garantie, die richtigen Leute dabei zu haben. Eine große Familie und so arbeiten wir, zum Teil schon sehr lange zusammen. Es gibt eine interne Whatsapp-Gruppe. Anfangs klein, nur dazu gedach, die Crew zusammenzurufen. Dann wollte jeder mitmachen. Heute sind alle dabei und es ist ein fröhliches miteinander.“ Alle erfahren, was los ist, aber auch jeder neue Witz wird sofort geteilt. Dann stöbere ich weiter Backstage durch die Räume.
In seiner Garderobe treffe ich Nik Kershaw. Er genießt das Reisen mit der Truppe und den Zusammenhalt. Carol Decker von T’Pau ist begeistert über das Orchester, das ihren Songs unglaubliche Power verleiht. Ihr Mann ist gerade angereist und freut sich auf die Show. Ich treffe Kool and the Gang in ihrer Garderobe, fotografiere Robert (Kool) Bell vor dem Container mit den Bandoutfits. Er ist mit der Gang schon einmal in den USA mit Orchester auf Tour gewesen und liebt diese Zusammenarbeit. Amy Macdonald war 2013 schon mit auf Tour. Wir unterhalten uns kurz vor ihrem Auftritt. Auch sie ist gerne wieder mit Leidenschaft dabei. Das Publikum liebt sie, das erlebe ich später beim Konzert, zu dem ich durch viele Gänge, über Kabel, im Halbdunkel vorbei an dem, auf den Auftritt wartenden Orchester geführt werde. Die Show ist wieder einmalig.
Nach dem Konzert sitze ich noch kurz mit Alexandra Arrieche, der Leiterin des Orchesters, zusammen. Als ich vor vielen Jahren anfing die Night of the Proms zu fotografieren, gab es den Orchesterleiter Maestro Robert Groslot. Von allen geliebt, ein unerschütterlicher Fels in der Brandung und ich dachte damals, dass ein möglicher Nachfolger einmal in sehr große Fußstapfen treten muss. 2016 war es dann so weit. Alexandra übernahm und von der ersten Sekunde an merkte man, dass sie in keine Fußstapfen treten muss. Sie hinterlässt ihre eigenen. Wild, emotional und unheimlich kompetent. Auch bei dem Gespräch mit ihr fällt wieder das Wort Familie. Man merkt ihre Traurigkeit, als ich sie auf den Tod von John Miles anspreche. Beide hatten eine besondere Verbindung und das spürte man auf der Bühne. Eine perfekte, musikalische Symbiose. Bis zum nächsten Jahr. Familienehrenwort.